Apple und die Server-Prozessoren oder: Wann kommt endlich ein neuer Mac Pro ?

MacPro_Xeon

Gerade war es überall zu lesen: aufgrund einer neuen EU-Vorschrift dürfen ab März 2013 keine Mac Pro-Rechner mehr nach Europa importiert werden. Die Gerüchteküche spekuliert ja ohnehin schon lange über den Mac Pro. Kommt nun endlich das überfällige Nachfolgemodell ? Und wenn ja, wann ? Warum hat Apple die Anpassungen an den europäischen Markt nicht rechtzeitig vorgenommen, und was könnte der Grund dafür sein, daß ausgerechnet beim Profi-Gerät die Modellpflege so lange Zeit vernachlässigt wurde ? Ein technischer Erklärungsversuch.

Server-Prozessoren: Allerbeste Technik…

Die ersten Mac Pro-Modelle lösten 2006 die Powermac G5-Serie ab und sollten mit ihrer großen Leistungsfähigkeit den Abschied von der gewohnten PowerPC-Architektur erleichtern. Die meisten von uns erinnern sich bestimmt noch an das leicht ungute Gefühl, das den langjährigen Mac-User beim Umstieg auf die Intel-Plattform beschlichen hat.

Als „Herz“ für die neuen Mac Pro-Rechner entschied sich Apple damals für das Allerbeste und Teuerste, was der Prozessormarkt nur hergab: Die Xeon-Modellreihe von Intel. Was nicht jeder weiß: diese Prozessoren sind eigentlich nicht für Desktop-Rechner, sondern für den Betrieb von Hochleistungs-Servern ausgelegt. Die Mac Pros haben entsprechend aufwendige Motherboards, um diese Leistung auch nutzbar zu machen. Für einen mit solchen Prozessoren bestückten Rechner war und ist der Mac Pro tatsächlich vergleichsweise preiswert – ein gleichwertig ausgestatteter Rechner kostet in der PC-Welt oft annähernd doppelt so viel.

Bei den Mac minis, Books und iMacs entschied sich Apple beim Intel-Umstieg für „normale“ Desktop-Prozessoren der gehobenen Kategorie. Diese Desktop-Prozessoren haben sich in den Folgejahren allerdings sehr viel schneller weiterentwickelt als die Server-Prozessoren. Im Gegenzug stattete Apple sein Top-Modell mit immer mehr Prozessorkernen aus. Bis auf wenige Ausnahmen kann die Software das Leistungspotential eines Mehrprozessor-Rechners aber gar nicht ausnutzen, so daß die kleineren Macs im Vergleich zum Mac Pro deutlich aufgeholt haben – bei den meisten Grafik- und Bildbearbeitungsprogrammen bietet der Mac Pro schon seit einiger Zeit keinen signifikanten Geschwindigkeitsvorteil mehr.

MacPro_Prozessor

… aber langsame Entwicklung.

Die langsame Weiterentwicklung der Serverprozessoren ist der Schlüssel für die Frage, warum es so lange keinen wirklich neuen Mac Pro gab: es gab schlichtweg die Prozessoren nicht, die Apple hätte verbauen können, um wieder einen deutlichen und angemessenen Leistungsabstand zwischen dem Mac Pro und dem i7-iMac herzustellen. Und das ist auch der Grund für die bisher fehlenden aktuellen Technologien. USB 3 und Thunderbolt lassen sich nun mal nicht einfach aufs Motherboard löten, wenn die Prozessoren dafür nicht konzipiert sind. Auf den ersten Blick mag das wie mangelhafte Modellpflege aussehen – technisch betrachtet sind beide Technologien nicht mit vertretbarem Aufwand nachrüstbar.

Vieles deutet darauf hin, das Apples Roadmap für einen neuen Mac Pro schon seit einiger Zeit auf den nächsten signifikanten Technologiesprung in der Prozessorentwicklung setzt. Mit den aktuellen Ivy Bridge-Prozessoren kam die 22nm Technologie, und die vor der Tür stehenden Haswell-Prozessoren basieren auf einer wirklich neu konzipierten Architektur, mit anderen, leistungsfähigeren Anschlußtechnologien, integriertem Thunderbolt, USB 3, verbesserter Grafikanbindung und so weiter.

Intels Fahrplan sah lange Zeit das erste Quartal 2013 für die ersten Prozessoren der Haswell-Serie vor. Aber schon bei den Ivy Bridges gab es Verzögerungen, die dann auch den Erscheinungstermin für die neue Haswell-Familie nach hinten verschoben haben. Zur Zeit sieht es eher nach Juni 2013 als Erscheinungsdatum aus – allerdings hatte Apple bisweilen die neuesten Prozessoren deutlich eher zur Verfügung als andere Interessenten. Es ist anzunehmen, daß Apple diese Verzögerung zwar nicht eingeplant hatte, es aber auch keinen Sinn ergab, das Innenleben der Mac Pros für einen (hoffentlich) kurzen Zeitraum zwischen der EU-Vorschrift und der Verfügbarkeit der neuen Prozessoren nur kosmetisch zu überarbeiten.

Ein Blick in die Glaskugel

Bleibt die Frage: was wird Apple denn nun in den eventuellen neuen Mac Pros verbauen ? Nach den Erfahrungen mit den zweifellos guten Xeon High-End Prozessoren (die es auch bei der neuen Haswell Generation geben wird, allerdings voraussichtlich erst in 2014) wäre es vorstellbar, daß Apple in Zukunft auf die schneller weiterentwickelten Desktop-Prozessoren setzt.

Denkbar wäre dieses Szenario: die schnellen i7-Prozessoren werden im neuen Mac Pro verbaut, die iMacs und Books müssen sich mit den i5-Varianten begnügen. Auf diesem Weg wäre auch die immer wieder geforderte preisliche Anpassung nach unten machbar. Immerhin kostet auch heute noch ein einzelner Xeon-Prozessor der oberen Kategorie allein deutlich mehr als manch ein kompletter PC in der Home- und Gamer-Klasse.

Wir sind (fast :-) sicher: neue, komplett überarbeitete Mac Pros werden nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Das Erscheinungsdatum ist allerdings von der Lieferbarkeit der Haswell-Prozessorserie abhängig. Ob es jedoch wieder einen Mac Pro mit den entsprechenden Server-Prozessoren der Haswell-Reihe geben wird, steht in den Sternen.

(b674/hr)

Artikel und Links zum Thema:
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Bei einem Mac Pro 2008 bleibt der Bildschirm schwarz, man hört aber, daß der Rechner startet.
Optisches Laufwerk im Mac Pro: Zusätzliche S-ATA Schnittstellen auf dem Mainboard nutzen
Wikipedia: Intel-Sandy-Bridge-Mikroarchitektur
Wikipedia: Intel Xeon
Wikipedia: Intel-Haswell-Mikroarchitektur
 
  1. Luke vor 11 Jahren

    „ein gleichwertig ausgestatteter Rechner kostet in der PC-Welt oft annähernd doppelt so viel.“
    Falsch. -> HP Workstations mit Dual XEON CPU – 16Cores, Tesla Karte und 24GB RAM, ≈8000€. Genau so viel wie der MacPro, aber bessere Hardware.

    „USB 3 und Thunderbolt lassen sich nun mal nicht einfach aufs Motherboard löten, wenn die Prozessoren dafür nicht konzipiert sind.“
    So auch nicht ganz richtig. USB3 gibts im Servermarkt auch schon eine Weile.

    Meine 0,02€: Wenn Apple nicht bald in die Puschen kommt, kann sich Disney und all die anderen leistungshungrigen Prestigeunternehmen keine MacPros mehr leisten.

    • tiramigoof vor 11 Jahren

      Hallo Luke,
      Preise verändern sich ständig. Wir haben die Preise in der Vergangenheit häufig geprüft – schon möglich, daß ein vergleichbarer Rechner anderer Hersteller jetzt den gleichen Preis hat. Es ging uns eher darum aufzuzeigen, das die Mac Pros eben nicht maßlos überteuert waren, auch wenn das oft so dargestellt wird.

      Zu USB und Thunderbolt: Das technische Problem dabei sind die Geschwindigkeiten der PCI Express-Lanes. Die in den Mac Pros verbauten Prozessoren haben PCI Express 2.0 Lanes für die PCIe Steckplätze. Die gesamte Add-On-Peripherie allerdings läuft bei diesem Prozessortyp (Westmere) über PCI Express 1.1. Und eine PCI Express 1.1 Lane ist deutlich langsamer als die Spezifikationen für USB3. Immer noch schneller als USB2, aber eben nicht USB3.
      Laut Intel ist USB3 daher für diesen Prozessortyp einfach nicht vorgesehen, und wir kennen auch keinen Hersteller mit diesem Prozessortyp, der USB3 anbietet. Wäre ja auch unschön, wenn der gemessene Wert für die USB3 Schnittstellen nicht mal ein Drittel der Spezifikation erreicht.
      Thunderbolt benötigt nicht nur eine schnelle PCIe Lane zusätzlich, sondern gleich mehrere. Und die sind einfach bei dem Prozessortyp nicht verfügbar.

      Also hoffen wir mit Dir auf neue, schnelle Mac Pros in naher Zukunft.

      Grüße, Heinrich

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