Die 2,2 TeraByte-Grenze bei Festplatten: Geschichte, Technik und Hintergründe

Festplatten mit einer Kapazität von drei oder vier TeraByte sind mittlerweile nichts Besonderes mehr und überall günstig zu haben. Wer seinem Rechner so einen Speicherboliden spendieren möchte, sollte aber darauf achten, daß die vorhandene Hardware und das Betriebssystem auch damit umgehen können: manche Controller und Systeme können Festplatten, die die Grenze von 2,2 TeraByte überschreiten, nicht adressieren. Ein Blick in das Innenleben von Datenträgern.

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Große Platten am Mac: intern und extern

Besitzer eines einigermaßen aktuellen Macs (Intel-Prozessor und Mac OS X 10.4) müssen sich über die 2,2 TB-Grenze keine Sorgen machen: der Mac arbeitet intern mit beliebig großen Platten völlig problemlos, auch für Bootmedien gibt es da keine Beschränkungen. In einem (älteren) Mac Pro lassen sich ohne Probleme 4 x 4 TB Platten und auch zukünftige, noch größere Modelle versenken.

Auch in den letzten Serien des Powermac G5 lassen sich die Riesenplatten verwenden. Zum Initialisieren der Platte muß allerdings mindestens das Festplatten-Dienstprogramm von OS X 10.5 benutzt werden. Der Zugriff auf das Volume ist dann auch mit 10.4 möglich.

Nicht ganz so einfach ist die Welt, wenn man ein externes Laufwerk mit einer größeren Platte auffrischen will. Wird dabei eine 3 TB-Platte nur mit etwa 800 GB angezeigt, ist der Controller im Plattengehäuse überfordert und stößt an die Grenze von 2,2 TB. Typischerweise wird dann nur der Bereich Plattengröße abzüglich 2,2 TB angezeigt, bei einer 3 TB-Platte also nur etwa 800 GB.

In seltenen Fällen bieten die Hersteller der Controller Firmwareupdates an – die Installation solcher Updates ist allerdings meist eher rudimentär und nicht gerade einfach. In den meisten Fällen ist eine Aktualisierung des Controllers nicht möglich. Wer eine große Festplatte in einem externen Gehäuse einsetzen möchte, sollte sich vor dem Kauf vergewissern, ob das Gerät mit Festplatten über 2,2 TB arbeiten kann.

Die 2,2 TB-Grenze: Was steckt hinter dieser Beschränkung ?

Die Grenze von 2,2 TB hat ihren Ursprung in der Zeit der 32 Bit-Systeme. Die Sektorgröße von 512 Byte ist seit langem ein unverrückbarer Standard. Im BIOS von älteren Windows-Systemen ist dieser Wert fest einprogrammiert. Mit dieser Sektorgröße versucht der MBR (MasterBootRecord) eine Festplatte beim Partionieren einzurichten. Kleine Rechnung dazu: 2 hoch 32 mal 512 Byte = 2 199 023 255 552 Bytes oder rund 2,2 TB. Ein 32 Bit-System kann einfach nicht mehr Sektoren adressieren.

Als die ersten Festplatten auf den Markt kamen, die größer als 2,2 TB waren, gab es natürlich auch eine Nachfrage danach. Sehr viele Anwender hatten zu diesem Zeitpunkt allerdings noch Rechner mit Windows XP im Einsatz, konnten also die großen Platten gar nicht verwenden.

Was also machten die findigen Festplattenhersteller ? Die bisher unangetastete Größe eines Sektors auf der Festplatte wurde einfach vergrößert – auf 4096 Byte statt der bisherigen 512 Byte. Damit könnten dann etwas über 17 TB adressiert werden. Der Controller in den Platten bzw. in den Laufwerksgehäusen übernahm die Aufgabe, dem Rechner die vergrößerte Datenmenge häppchengerecht zuzuführen und ihn eigentlich zu überlisten.

Sektorgrößen: Vor- und Nachteile

Insgesamt ist eine Veränderung der seit etwa 30 Jahren fixen Sektorgröße auch sinnvoll, denn die in der heutigen Zeit doch sehr kleinen Sektoren von 512 Byte als festes Grundmuster (physikalische Einteilung der Sektoren auf den Festplatten) ist bei den heutigen Platten- und Dateigrößen nicht mehr passend.

Bei den früheren Datei- und Mediengrößen war es vorteilhaft, kleine Sektorgrößen zu verwalten. Analog zu einem Bücherregal ist ein Sektor ein Regalfach. Eine Datei belegt dabei in der Regel mehrere Fächer, aber eventuell frei bleibender Platz in einem Regalfach kann nicht mit anderen Daten aufgefüllt werden. Eine kleine Sektorgröße sorgte dafür, daß möglichst wenig Platz verschwendet wurde. Denn Speicherplatz war damals extrem teuer: 1985 kostete eine 20 MB große Festplatte 2000.- DM ! Eine alte Preisliste läßt sich hier herunterladen.

Auf der der anderen Seite haben kleine Sektoren einen Nachteil im Verzeichnis. Da die belegten Sektoren einzeln adressiert werden, hat eine Datei, die zum Beispiel 30 K groß ist, 59 Verweise im Verzeichnis, das 59. Fach wird dabei nicht komplett gefüllt. Bei einer Sektorgröße von 4096 würden nur 8 Verweise benötigt, wobei im 8. Fach möglicherweise ein deutlich größerer „verschwendeter“ Freiraum entstünde. Bei richtig großen Dateien entsteht da ein deutliches Mißverhältnis zwischen dem für die Verweise benötigten Platz und dem eingesparten Platz im letzten Regalfach.

Auch rein physikalisch findet sich dieses Problem auf den Festplatten wieder. Damit jeder Sektor auf den Festplatten sauber angesteuert werden kann, benötigt man Abgrenzungen zwischen den Sektoren – in diesem Fall Leerbereiche und zusätzlich einen Datenbereich für die ECC Daten (Error Correction Code). Jeweils zwischen den Sektoren liegt also ECC-Code und „verschwendeter“ Platz als Abgrenzung zum folgenden Datensektor. Durch die geänderte Formatierung wurde so deutlich über 10% Platz eingespart und die Nettodatendichte erhöht. Die kleine und von der Hardware vorgegebene Sektorengröße zu erweitern, ist also eigentlich eine richtige Entscheidung.

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Neuere Entwicklungen

Moderne Platten werden kaum noch in 512 Byte-Technologie gefertigt. Die 4096 Byte-Technologie hat sich durchgesetzt, ebenso wie EFI oder UEFI Boot Routinen und GUID Partitionierung. Alle Betriebssysteme, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, werden mit großen Platten Schwierigkeiten bekommen. Das betrifft teilweise auch G4/G5-Macs und Mac OS X-Systeme vor 10.4.

2009 hat WD die ersten Festplatten mit der neuen Sektorgröße auf den Markt gebracht. Die IDEMA (International Disk Drive Equipment and Materials Association) hat die Vorgaben strukturiert, und seit 2011 werden alle neuen Platten mit der neuen 4096 Byte Sektorgröße ausgeliefert – intern oder in den Laufwerksgehäusen wird aber getrickst, um älteren Rechnern und auch vielen Programmen noch die 512 Byte-Welt vorzugaukeln.

Mac-User mit Intel-Hardware und Mac OS X ab 10.5 müssen sich über diese Dinge keine Gedanken machen – das Betriebssystem kümmert sich automatisch um alles. Ältere Platten werden physikalisch mit 512 Byte-Sektoren partitioniert, neue Platten mit 4096 Byte-Sektoren. Das Betriebssystem arbeitet dann mit 512 Byte-Blöcken weiter. So ist die Angabe auf einigen Festplatten zu verstehen: Logische Sektorgröße 512, physikalische Sektorgröße 4096.

Die neuen Platten haben dabei eine höhere Datendichte. Das erklärt neben den größeren, gelesenen Datenpaketen das deutlich gestiegene Tempo. Die Adressierung seitens der Macs macht das ganze Spiel problemlos mit, ob mit oder ohne größere Sektoren. 8 Exabyte sind die Grenze, das entspricht einer Trillion (10 hoch 18) Bytes oder einer Milliarde GigaByte oder einer Million TeraByte. Da ist also noch etwas Luft.

Wer gebrauchte Festplatten, oder Festplatten von älteren Windows Systemen einsetzen will, sollte auf Kompatibilitätsjumper achten. Wer die nicht vor der Neuformatierung entfernt, bekommt möglicherweise Performanceprobleme.

4k-Festplatten: Irrwege, Tricks und Stolperfallen

Nicht alle Betriebssysteme kommen mit der Vergrößerung auf 4k-Sektoren problemlos zurecht. Und das gilt nicht nur für große Platten, sondern für alle neuen Platten ab 2011.

Auf vielen AF (Advanced Format), also 4k-Platten findet sich ein Jumper. Der soll oder kann gesetzt werden, wenn ein Windows-System mit MBR (Master Boot Record) Formatierung verwendet wird. Diese Systeme haben die 512 Byte Sektorgröße fest im BIOS implementiert, zusammen mit einer ebenfalls veralteten und längst nicht mehr gebräuchlichen Adressierung der Sektoren. Die im Controller implementierten 512 Byte-Emulationen funktionieren zwar, aber die Einsprungadresse stimmt nicht mehr. Genauer gesagt: Die jeweils 4 x 512 Byte Pakete liegen nicht in einem physikalisch vorgegebenen 4096 Byte-Sektor, sondern überlappend auf 2 Sektoren.

Soll also gelesen oder geschrieben werden, müssen statt nur eines Sektors häufig 2 Sektoren gelesen oder geschrieben werden. Die Folge: Das Plattentempo sinkt dramatisch bis fast auf die Hälfte ab. Also sollte der Jumper gesetzt werden – allerdings nur dann, wenn nicht gleichzeitig das meistens vom Plattenhersteller mitgelieferte Softwareprogramm zur Behebung dieses Fehlers eingesetzt wird. Sonst ist die Situation die gleiche. Und Vorsicht, wenn die Platte später in einem anderen Rechner verwendet werden soll. Da kann die Verschiebung der Einsprungadresse dann ebenfalls Probleme machen.

Bei den ersten Serien der 4k-Platten kam es wiederholt zu Fehlern, die dazu führten, daß die Platten beim Überschreiten einer gewissen Datenmenge einfach vorne wieder anfingen und den vorderen Bereich (mit dem MBR) fröhlich überschrieben. Also Vorsicht bei älteren Windows-Rechnern. Weitere Infos dazu hier. In der Regel ist man sorgenfrei, wenn der Rechner GUID (oder GPT für GuidPartitionTable) formatiert ist.

Wer seine Platten auf dem Mac überprüfen möchte: das Tool „SmartReporter“ gibt unter Überprüfungen / fortgeschrittene Werkzeuge einen genauen Einblick. In der Regel werden 4096 als physikalische Größe und 512 als logische Sektorgröße angezeigt.

Geschichte und Technik der Adressierungssysteme: CHS und LBA

Eine Festplatte besteht aus mehreren Scheiben. Diese Scheiben sind in Spuren unterteilt, englisch „cylinder“. So ergeben sich nebeneinander liegende logische Kreise. Jeder Kreis wiederum ist in Blöcke unterteilt. Diese Blöcke nennt man auch Sektoren.

Cylinder_Head_SectorIn der zugrunde liegenden Theorie ging man von maximal 255 Köpfen aus, 65 Sektoren mit jeweils 512 Byte und 1025 Spuren. Dahinter lagen feste und schwer veränderliche Werte im binären System. Im BIOS Interface waren 24 Bit fest reserviert. 10 Bit = 1024 für die Spuren, 8 Bit = 256 für die Platten und 6 Bit = 63 für die Sektoren. Die Adressierung war also ganz anschaulich: Platte, Spur, Sektor.

Als sich abzeichnete, dass 255 Köpfe, also mehr als 100 Scheiben übereinander in der Praxis unrealistisch waren, änderte man das Schema auf maximal 16 Köpfe und konnte entsprechend die Zahl der Spuren auf 16328 erhöhen.

Der eine Ansatz wird dabei Microsoft zugeschrieben, der andere IBM.

Das Bit-Schema änderte sich also von 10/8/6 zu 16/4/8. Die Sektoren blieben gleich, und die maximale Speichergröße erhöhte sich auf 127 GB. Zum Zeitpunkt der ATA-1 Einführung 1994 standen nun insgesamt 28 Bit für die Adressierung zur Verfügung.

Die Sektorengröße von 512 Byte wurde hierbei zu einer lange unverrückbaren Größe, da sie zwischen dem alten und neuen System den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellte und fest im BIOS verankert wurde.

Die Platten selber entwickelten sich in den folgenden Jahren aber anders als durch die festen Schemata vorgegeben. Und so wurden die realen Gegebenheiten dem festen Muster einfach untergemogelt. Auf Dauer war diese Technologie natürlich nicht sehr erfolgversprechend, und so kam eine deutliche Neuerung: Die Sektoren wurden nicht mehr über Platte, Spur, Sektor adressiert, sondern man entschied sich, die Sektoren einfach linear zu adressieren. Wie die Plattenelektronik und Mechanik dahinter aussah, war egal. Jede Adresse entspricht einem Sektor.

Die bisherige, sich an der Geometrie der Platte orientierende Partitionierung nannte sich „CHS“ für Cylinder, Head, Sector. Die neue Adressierung heißt „LBA“ für „Logical Block Adressing“.

Diese beiden Systeme beeinflussen uns bis heute, denn eigentlich sind nach wie vor beide !! in Betrieb. Zumindest zum Starten eines MBR-basierten Rechners wird die CHS Methode genutzt. Sie beschreibt den im BIOS festgelegten Bootpunkt. Dort findet der Rechner dann auch die LBA-Daten und arbeitet damit weiter.

Die Plattenelektronik versteht also in der Regel bis heute beide Adressierungen.

CHS_LBA

Die Kompatibilitäts-Falle

Natürlich war die auf einem 28 Bit-System basierende LBA Adressierung auch nicht in der Lage, die Adressierungsgrenzen zu überschreiten. Also verdoppelte man den Adressierungsbereich von 28 auf 48 Bit für die LBA Adressierung und hatte da jetzt einige Zeit Ruhe – wenn da nicht der gravierende Unterschied zwischen 32 Bit Betriebssystem und 48 Bit Adressierung bliebe.

Die Controller und Platten sollten eigentlich die 48 Bit unterstützen. Da aber seitens der Betriebssysteme bei 32 Bit Schluß war, wurde die volle Größe nicht immer berücksichtigt, sondern die 2,2 TB als feste Größe hingenommen und teilweise auch Controller daraufhin abgestimmt und limitiert. Eben genau die Platten- und Gehäusecontroller, die heute Schwierigkeiten mit den großen Platten haben.

Die aktuelle Vergrößerung der Sektoren auf 4096 Byte erlaubt zwar immer noch den älteren 32 Bit-Systemen, mit größeren Platten zu arbeiten (allerdings nicht unbedingt davon zu booten), aber die nächste Grenze ist mit etwa 17 TB nicht mehr allzu weit entfernt.

Das wissen auch die Plattenhersteller, die in dieser Sektorvergrößerung eine Übergangsphase sehen, aber keinesfalls eine Dauerlösung.

Wir dürfen also gespannt sein, was als nächstes kommt und in welche Richtung der Druck der Kompatibilität führt. Vielleicht gibt es ja doch einmal einen wirklich neuen Ansatz.

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Und wie ist das bei SSDs ?

Das Thema SSDs haben wir nicht übersehen, aber es ist komplex genug, daß wir einen eigenen Artikel dazu in Arbeit haben. Soviel vielleicht im voraus: Alle SSDs verstehen nach wie vor sogar die CHS Adressierung und verhalten sich trotz völlig anderem Aufbau wie eine „normale“ Festplatte. Sie unterliegen weitestgehend ebenfalls dem Diktat der Kompatibilität zu 30 Jahre alten Strukturen.

(b688/hr)

Artikel und Links zum Thema:
Apple Mac Developer Library: Secrets of the GPT
Apple: Mac OS X: Volume- und Dateibeschränkungen im Mac OS Extended-Format (HFS Plus)
BIOS Kompendium: Infos zu Festplattenproblemen
Bit-tech: Are we Ready for 3TB Hard Disks?
Bit-tech: The Facts: 4K Advanced Format Hard Disks
HGST / WD: Advanced Format Technology Brief (PDF)
MiCom Computers: Drive Size Limits
Microsoft: Microsoft-Richtlinie für große Festplatten mit 4K-Sektoren in Windows
Microsoft: Advanced format (4K) disk compatibility update
PC Guide: Extended CHS (ECHS) / Large Mode
PC Welt: So geht´s: Windows XP mit 3-TB-Platten nutzen
Seagate: Interactive Guide for Understanding and Surpassing the 2.2 TB Limitation (Flash)
Seagate: Advanced Format and 4K Sector Support
Seagate: Transition to Advanced Format 4K Sector Hard Drives
WD: Advanced Format Technology White Paper (PDF)
Bild CHS / LBA: WinfWiki
Bild Cylinder / Head / Sector: Wikimedia Commons
 
  1. Marc Gutt vor 9 Jahren

    Ich würde mich freuen, wenn Du mal ein Beispiel für Dummies dazu packst. Und zwar wenn der Nutzer die Datei c:bild.jpg öffnet. Wie erfolgt dann die Kommunikation mit der Festplatte, so dass die richtigen Datenblöcke ausgelesen werden. Also welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Master File Table (bei NTFS) , LBA und den Sektoren usw.

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